Wir lieben den deutschen Mittelstand und sind sehr stolz darauf dazuzuzählen.Damit könnte dieser Beitrag auch schon enden, denn eigentlich ist alles gesagt.
Wir verstehen aber, dass noch ein paar Sätze folgen müssen, die mindestens klar machen, warum wir das so schreiben (wollen) und dann natürlich auch was genau uns an diesem Mittelstand so gefällt.
Der Fall Vissmann
Der Druck der Schockwelle durch den Verkauf von Vissmann nach Übersee und damit der vermeintliche Ausverkauf der deutschen Mittelstandselite hallen noch in den Bäumen. Es wurde viel diskutiert. Uns gefiel die Auseinandersetzung, die mit tieferer Kenntnis geführt wurden. Oft blieben dort die Schnellurteilenden mit stumpfen Argumenten zurück. Man musste – wie immer – genauer hinschauen, um verstehen zu lernen, was wirklich hinter dem Deal steckt.
Wir wissen es bis heute nicht genau, uns allen fehlen Fakten und vor allem die Kenntnis, welche wirtschaftlichen Folgen die Zukunft für uns alle parat hält: Ob es im Falle Vissmann tatsächlich zu einem massiven Abfluss von Know-how, Wirtschaftskraft und Zukunftssicherheit kommen wird, ist unklar.
Sicher scheint, dass die Vissmann-Eigentümer weder schnell noch überhastet agiert haben. Wir sind davon überzeugt, dass der Grund für die Entscheidung vor allem in der Suche nach globaler Wettbewerbsfähigkeit zu suchen ist. Für die Zukunft der Unternehmen und ihrer Mitarbeitenden ist es essentiell, den eigenen internationalen Markt genau zu verstehen.
Bei Vissmann ist es sehr wahrscheinlich so: Das Unternehmen bewegt sich mit seinen Wärmepumpen in einem Massenmarkt. Die Nachfrage nach diesen Produkten wird so groß werden, dass potente Wettbewerber z.B. aus China mit sehr günstigen Preisen den deutschen Markt fluten. Mindestens in Deutschland hätte Vissmann dann mit Recht eine erschwerte Wettbewerbssituation zu fürchten. Diese Sparte zu diesem Zeitpunkt teuer zu verkaufen, werten wir daher als einen geschickten Schachzug, nicht zuletzt um die Innovationsfähigkeit des Unternehmens zu stärken.
Internationale Vernetzung als Strategie in der Nische
Auch wir agieren explizit international und vernetzen uns mehr und mehr auf den globalen Märkten. Derzeit allerdings in der Nische. BOMAFA India liefert Standardarmaturen und in größerem Maße auch Niederdruckregelarmaturen. BOMAFA Deutschland dagegen produziert die komplexeren Hochdruckarmaturen. Auch die Antriebstechnik kommt aus Bochum, ebenso findet die Qualitätssicherung in Deutschland statt.
Unsere Wettbewerbsfähigkeit basiert auf der internationalen Zusammenarbeit innerhalb der BOMAFA Gruppe. Damit entwickeln wir BOMAFA India zwar zu einem internen Wettbewerber. Das Team aus Indien hilft uns als Mitglied der BOMAFA Gruppe jedoch auch dabei, unsere Wettbewerbsfähigkeit in größeren Projekten zu stärken.
Der Unterschied von Nische und Massenmarkt ist entscheidend. In der Nische darf BOMAFA noch Mittelständler bleiben, wenn wir international unsere Chancen nutzen. Im Massenmarkt ist dagegen Größe ein entscheidender Vorteil.
Familienunternehmen entscheiden anders
Anhand des Vissmann-Falles kann man noch eine zweite Frage diskutieren: Wie eigensinnig haben die Eigentümer von Vissmann gehandelt?
Da wir auch das nicht genau wissen, wollen wir hier die Lanze brechen.
94% zumindest der deutschen mittelständischen Unternehmen sind Familienunternehmen. Es sind also Familien und deren Führungsteams, die unternehmensrelevante Entscheidungen treffen. Nicht selten schaffen es Familienunternehmen, den Begriff Familie auch auf die Beschäftigten auszudehnen. Wenn die Tochter oder der Sohn der nächsten Generation in der Fertigungshalle ihre Nachmittage verbracht haben und heute alle noch deren Spitznamen verwenden, entsteht Zughörigkeit, Gemeinschaft. Oft wohnt man in der gleichen Stadt. Ob Kindergarten, Fussball-Verein oder Jogging Strecke – Lebensläufe verweben.
Nicht zuletzt aus dieser Nähe entsteht ein Verantwortungsgewicht, das meist als Kraft, manchmal aber auch als Last empfunden wird. Ob Schubkraft oder Schwerkraft, sie kommen in Zyklen, ganz sicher und häufig mit Wucht.
Es sind diese Situationen, in denen es eine Balance zu finden gilt zwischen kurzfristigen Zwängen und langfristigen Entscheidungen.
Die Entscheidung z.B. den Fuhrpark auf E-Autos umzustellen, gibt langfristig ein wichtiges Signal. Das wollen wir, es macht Sinn, in vielfacher Hinsicht. Nun hatten aber alle auch verstanden, wie positiv Spontanität und unkonventionelle Lösungen bei unseren Kunden ankamen. „Wir machen das möglich, und bringen das benötigte Teil kurz vorbei!" Allerdings, begrenzte Reichweite oder längere Aufladezeiten bei E-Autos passen nicht zu diesem Service-Level. Kurzfristige Zwänge versus langfristige Entscheidungen! Wir werden auch hier eine Lösung finden – der Mittelstand ist kreativ!
Kurzfristige Entscheidung und langfristige Ziele
Wer sich aufmacht, langfristig die besseren Entscheidungen treffen zu wollen, braucht Zeit und Ressourcen, sie zu evaluieren. Und es braucht die Überzeugung, kurzfristige Zwänge zu überstehen.
Wir könnten unendlich viele weitere Beispiele nennen. Investitionen in Auszubildende, Investitionen in Nachhaltigkeit – deutlich zu spät – aber der Anfang muss gemacht werden, Digitalisierung, IT-Sicherheit und Nachfolge. Die Verantwortung den Mitarbeitenden gegenüber, das Fehlen von Fachkräften, das Behaupten in Marknischen, zukunftssichere Positionierung, jetzt kommt die KI.
Wir lieben den Mittelstand. Denn in ihm werden all diese Dinge verhandelt, nie leichtfertig und ganz sicher nicht eigensinnig.
Es wird immer Themen geben, in denen sind wir besser oder eben noch nicht ganz so weit. Wir bei BOMAFA sind uns aber ganz sicher: wir wollen zuhören, den Jüngeren, den Älteren, den Schnelleren und auch dem, der anders ist. Flexibilität verlangt einen hohen Grad an Offenheit, eröffnet uns aber auch den Blick auf neue Märkte.
Ein Hoch auf den innovativen Mittelstand. Es ist noch nicht alles rund, aber die kantigen Ecken sind längst abgefräst.